PG Durach - Sulzberg
Die Kirche Ottacker – St. Otmar

Die Kirche Ottacker – St. Otmar

An 6.10.1453 wird „Vnnser lieben frawen und s.Othmari pfarrkirch“ durch den Augsburger Bischof Kardinal Peter von Schaumberg ein Ablass verliehen. So war wohl im 14. Jhdt bereits eine anerkannte Pfarrkirche  vorhanden. 1545 erfolgte die Vereinigung mit St. Michael O-Ried, wobei ausdrücklich vermerkt wird, dass St. Otmar die ältere der beiden ist. Das deutet auf eine Gründungszeit um 1250, angesichts des ins späte 13. Jhdt. datierten Beginns von St. Michael. Im Unterschied zu den Otmarskirchen in Akams und Rauhenzell, die ihr Patronat auf Grund von Besitz der Otmar-Abtei St. Gallen bekommen haben, war dieses Kloster in Ottacker nicht begütert. Den Hl. Otmar als Patron hat die Kirche wohl aufgrund der Ritterfamilie der Herren von Sulzberg und  Schellenberg erhalten, die viele Verbindungen in den Bodenseeraum hatten und deshalb auch die Verehrung des im Spätmittelalter sehr populären St. Otmar förderten.

Eine weitere Quelle ist die Karte der Grafschaft Kempten (datiert 1213). Sie zeichnet bei der Wildbanngrenze (zwischen dem Hochstift Augsburg und der Abtei Kempten) den Knick der Grenze genau am Platz der heutigen Kirche, ein kleines Stück westlich Kenels („Canale“) ein, ohne aber Ottacker zu erwähnen. Nimmt man noch das weitere Patronat dazu: „Unsere Liebe Frau“ und betrachtet das heutige noch erhaltene Marienbild, so sehen wir eine Darstellung Mariens als „Sedes sapientiae“ = „Sitz der Weisheit“. Die Mutter bildet selbst den Thron für Christus. Das verweist in die Zeit der Romanik, in der solche Darstellungen häufig waren.

Schaut man Fakten und Indizien zusammen, wird der Beginn der Siedlung Ottacker auf etwa 1250 anzusetzen sein.

Im 15. Jhdt. wurde der heutige Chor der Kirche gebaut. Nach dem 30jähr. Krieg hat sich die Marienwallfahrt zunehmend entwickelt, was die zahlreich erhaltenen Kunstwerke aus dem 17. Jhdt. bestätigen. Im Jahr 1727 gründete sich die Rosenkranzbruderschaft, jene zum Hl. Sebastian ist älter. Auch eine Bruderschaft zur Ewigen Anbetung existierte. genealogische Vergleiche ergeben, dass die frühesten im Bruderschaftsbuch Eingeschriebenen ca. 1640 geboren sind. Über 9950 Namen bis 1860 zeugen von einer regionalen Bedeutung der Wallfahrt. Die meisten Namen sind aus dem Allgäuer Raum, einige darüber hinaus (z.B. Bregenz).

18. und 19. Jahrhundert

Eine Erweiterung erfuhr die Kirche im Spätrokoko durch Johann Georg Wirth und Josef Birker 1779, ab 1790 schuf Linus Seif (LiS) die Fresken. Ab 1862 erfolgte ein heute noch sichtbarer Eingriff, die teilweise „Entbarockisierung“ durch die Aufstellung „neubyzantinischer“ Altäre: Entwürfe von Georg Schneider, Gemälde von Ludwig Schnitzelbaumer (LuS). 1885 wurde der Turm von 18 auf 38 m erhöht und erhielt ein angemessenes Geläute.

20. und 21. Jahrhundert

Ab 1912 wurde der Barockstuck ausgebessert und ergänzt. Oswald Völkel (OV) erneuerte bzw. übermalte einige der Seif-Fresken und gestaltete die Emporenbrüstung neu.

Ca. 1970 wurde der „Volksaltar“ aufgestellt, in den 80er Jahren kam der neue Ambo mit den 4 Evangelisten von der alten Kanzel (17. Jhdt) dazu.

Restaurierung 2006-2007: Außen und Dachstuhl, 2009 Innenrestaurierung durch Erwin Roth, Ausnang und G. Menath, Burtenbach. Kirchliche und öffentliche Geldgeber, Eigenleistung und opferbereite Spender haben dies ermöglicht.

Innenausstattung

Hochaltar von 1862, Altarbild: Hl. Abt Otmar mit Segensgebärde, Hintergrund: Mönche rudern den Leichnam des Heiligen über den Bodensee zurück. Figuren: links Madonna mit Kind, rechts Hl. Josef; zwei Anbetungsengel, dem Tabernakel zugeordnet.

Beide Seitenaltäre von 1872. Seitenaltar rechts: Altarbild Maria Immaculata (LuS); Wallfahrtsmuttergottes mit Kind, an die Romanik erinnernde Darstellung „Sedes sapientiae“, Original oder alte Kopie. Gehäuse: umgebauter barocker Drehtabernakel, wohl vom Vorgängerhochaltar. Die zwei Engelsfiguren aus dem 17. Jhdt. tragen Schilde mit einem Chronostichon: „Maria ist viel hundert jahr – zu Ottacker vor unfall Offenbahr“. Wenn man die Zahlenwerte der roten Buchstaben addiert, ergibt sich das Jahr 1778 (Neugestaltung der Kirche). Seitenaltar links: Altarbild Martyrium des Hl. Sebastian (LuS).

Das Wandkreuz im Schiff wir auf 1500 datiert, die Kanzel auf 1872, der Hl. Joh.d.Täufer auf 17. Jhdt., der Kreuzweg teilweise auf 18. Jhdt.

Der Taufstein ca. 1780 zeigt eine Schnitzgruppe von der Taufe Christi. Die Orgel ist ein klangschönes, original erhaltenes Werk der Firma Steinmeyer aus dem Jahr 1922.

1952 erhielt die Kirche von der Firma Perner zur vom Krieg verschonten fis- Glocke von 1885 noch vier weitere neue Glocken.

St. Otmar ist eine zunächst unscheinbare, aber dann in ihrer frommen Schlichtheit zu Herzen sprechende Allgäuer Dorfkirche. Ihre Lage an der alten Verbindungsstraße zwischen Kempten und Sonthofen, ihre ganz der bäuerlichen Kultur verbundene Kunst und die menschenfreundliche Botschaft der Patronate Otmar und Unsere Liebe Frau machen sie zu einer Grenzmarke zwischen Himmel und Erde, die den Menschen, der ihre Botschaft hört, geerdet belässt und mit dem Himmel verbindet.