Eine kurze Kirchenführung in Durach-Hl. Geist
Eine schöne Einführung in die Geschichte der Pfarrei und der Pfarrkirche bietet das Zwölf-Uhr-Läuten, das am 11. Oktober 2020 anlässlich des Jubiläums „850 Jahre Durach“ im BR übertragen wurde. Anbei der Link
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Wenn man den Innenraum der Duracher Heilig-Geist-Kirche betritt, begegnet uns etwas vom künstlerischen Glanz der Fürstabtei Kempten, der Durach früher angehörte. Kirchenkenner sprechen von einer organischen Entwicklung von der Spätgotik bis zum Neubarock. Seit den archäologischen Ausgrabungen im Herbst 1997, wo Fundamente einer romanischen Vorgängerkirche zum Vorschein kamen, weiß man, dass hier drei große künstlerische Stilepochen in sich vereinigt sind: Romanik, Gotik und Barock.
Das Gesamtbild mit dem Hochaltar, auf dem Gottvater thront, mit den Deckengemälden, den Seitenaltären und Seitenfiguren und den Stukkaturen wird deutlich vom Barock bestimmt. An den Seitenflügeln des Hochaltars sind die Apostelfürsten Petrus und Paulus platziert. Das Deckengemälde zeigt eine imposante Darstellung der Heiligsten Dreifaltigkeit. Beim Eintritt in den Altarraum stehen oben die Wandfiguren der heiligen Theresa von Avila auf der linken und der seligen Crescentia von Kaufbeuren auf der rechten Seite. An deren Stelle deuteten früher zwei Figuren der hl. Afra und der hl. Katharina auf den gotischen Ursprung der Kirche. Während sich die Statue der Katharina erhalten werden konnte, ist der Verbleib der Afra-Statue unbekannt.
Der Taufstein zeigt die Taufe Jesu am Jordan. Die beiden vorderen Seitenaltäre sind links der Herz-Jesu-Altar mit einer Statue des hl. Wendelin, rechts der Josefsaltar mit der Figur des heiligen Magnus. Das vordere Kirchenschiff wird überragt von dem Deckengemälde, das die Verkündigung Mariens darstellt. Umrahmt wird dies durch kleine Bildnisse aus dem Leben des jungen Jesus. Hinten rechts ie Geburt Christi, vorn rechts die Darstellung Jesu im Tempel, vorn links die Flucht nach Ägypten und hinten links der 12jährige Jesus im Tempel. Am Übergang zum großen Längsschiff grüßen links die Wandfigur des hl. Aloisius und rechts die des hl. Antonius von Padua. Mit dem Bau des hinteren und leicht erhöhten Kirchenschiffs anno 1754 vollzog sich die langsame Umgestaltung zum Barock. Hier stehen auch zwei sehr wertvolle Seitenaltäre mit Gemälden von dem bekannten Franz Josef Hermann, der als Kunstmaler des Fürstabts auch die Kemptener Residenz geschaffen hat.
Links sehen wir den Magnus-Altar mit dem Apostel des Allgäus und einer schönen Pieta, oben die hl. Appolonia. Rechts ist der Schutzengelaltar und oben die Statue der hl. Barbara. Hier begegnen wir der gotischen Schnitzfigur Anna Selbdritt. Der hoch oben bei Eintritt ins Vorderschiff prangende Heilige Geist in Gestalt einer Taube verleiht der Heilig-Geist-Kirche einen besonders starken Eindruck, zumal auch hier der qualitativ hochwertige Stuck ins Auge sticht.
Erst 1875 wurde das große Deckengemälde von dem Kunstmaler Ludwig Glötzle aus München geschaffen. Es zeigt in barocker Dramatik das Pfingstwunder der Sendung des Heiligen Geistes. Hier entstand der enge Bezug aller drei großen Deckengemälde, die den ganzen Kirchenraum prägend, vom Wirken der dritten göttlichen Person künden. Umrahmt wird das Pfingstgemälde von Darstellungen der vier Evangelisten: Matthäus, Lukas, Markus und Johannes.
Erwähnenswert ist auch die künstlerisch reich ausgestattete Kanzel, auch sie überthront von der Taube des Heiligen Geistes. Hier sehen wir auch die großen Kirchenlehrer des Alten Testaments.
Relativ neu ist die Muttergottesgrotte, die umrahmt wird von altehrwürdigen Rosenkranzmedaillons. Diese wurden in früheren Zeiten von Frauen der Gemeinde bei Prozessionen mitgetragen.
Der Osterleuchter steht bewusst in der Nähe des Taufbeckens. Taufe ist die Aufnahme in die Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Der Ambo ist doppelseitig: Die zum Chor zugewandte Seite für Priester und Lektor, die andere Seite zur Darstellung des Evangeliums an das Volk. Der Ambo wurde bewusst an die Vorderkante der Stufe gesetzt, damit sichtbar wird, daß der Priester das Evangelium zum Volk bringt. Der Ambo steht auf einem Sockel aus Jura-Marmor. Als tragendes Element dienen 4 Säulen, die symbolhaft die 4 Evangelien darstellen.
Die Gestaltungsaufgabe des neuen Altars war, eine Verbindung zwischen dem freigelegten Altar aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts und dem darüber liegenden Volksaltar zu schaffen. Außerdem sollte die Kraft des Heiligen Geistes als Gestaltungselement zum Ausdruck gebracht werden. Der Sockel ist aus Jura-Marmor. Die darauf stehenden 4 Säulen, die wiederum die 4 Evangelien versinnbildlichen, tragen die Altarplatte (Jura-Monolit). Querverbindungen und Rahmen halten den Mittelteil. Eine Scheibe aus Holz geschnitzt und vergoldet stellt den Heiligen Geist in Form einer Taube dar, der die Welt umfasst.
Text und Bilder: Günter Doriat und Helmut Karg
Ein kurzer historischer Abriss
1218 Ergebnisse der archäologischen Grabungen bezeugen einen ersten Kirchenbau
1390 Die Kirche in Durach findet ihre erste Erwähnung im „Kempter Kalender“ , in dem Festlichkeiten wie die Kirchenweihe eingetragen sind.
1527 Die Kirche wird vergrößert, indem man die Westwand durchbricht und zwei Seitenaltäre einbaut.
1561 Das Pfarrhaus wird in der noch heute bekannten Weise gebaut.
1569 Der Kirchturm wird aus Nagelfluh und „Bachbollen“ (große Rundsteine), die aus der Durach stammten, errichtet.
1663 Die Duracher werden um eine Glocke, die auch heute noch vorhandene Wetterglocke, reicher.
1664 Da durch den 30-jährigen Krieg das Pfarrhaus stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, wird es renoviert.
1748 Die Kirche wird ein weiteres Mal erweitert. Sie erhält – bis auf die bis Sakristei – die heutige Form. Zwei gekaufte Seitenaltäre kommen aus Wildpoldsried.
1754 Im gleichen Zuge wird der Friedhof im Westen erweitert.
1871 Da in der Nacht zum 11. Januar ein großes Stück Putz von der Kirchendecke füllt, wird die Erneuerung der ganzen Decke notwendig.
1875 Das Deckenfresko vom Pfingstwunder „Die Sendung des Heiligen Geistes“ schaffen Pfarrer Gebhart und der Kunstmaler Ludwig Glötzle.
1874 Die Erweiterung des Friedhofs im Süden ergibt eine heftige Diskussion zwischen dem Bürgermeister, der die Vergrößerung nach Süden befürwortet, und dem Pfarrer, der eine Vergrößerung nach Süden und Westen wollte. Es setzte sich der Beschluss des Bürgermeisters durch.
1876 Der Bischof von Augsburg, Pancratius von Dinkel, macht am 3. September auf der Durchreise unerwartet halt.
1879 Durch Einschmelzen alter Glocken entstehen die Hosanna- , eine Heilig-Geist- und die Magnus-Glocke, die am 2. Oktober geweiht werden.
1880 Die Kirche erhält im Rahmen einer Renovierung den heutigen Hochaltar, bei dem die Figuren je nach Festzeit ausgewechselt werden.
1882 Der Kirchturm erhält statt dem bisherigen Satteldach ein 24 m hohes Spitzdach; die urmspitze ziert die 80 cm große Kugel und ein 3 m hohes Kreuz, die vergoldet sind.
1882 Bischof Pancratius von Dinkel besucht abermals Durach, um die renovierte Kirche zu besichtigen.
1883 Der Christophorus, der sich ursprünglich auf der Nordseite des Turmes befand, wird an die Ostseite gemalt.
1890 Die Kirche bekommt eine neue Orgel mit 14 Registern, da die alte Orgel aus der Zeit der Kirchenerweiterung in einem schlechten Zustand ist.
1905 Die Kirche wird zum dritten Mal restauriert und um die vier Evangelisten, die sich um das Pfingstbild gruppieren, erweitert.
1912 Zu Weihnachten wird die Kirche erstmals elektrisch beleuchtet.
1929 Ein Leichenhaus wird gebaut und der Friedhof erweitert. Bei der Einweihung im Jahr 1930 ist auch seine königliche Hoheit Kronprinz Ruprecht von Bayern zugegen.
1937 An der Nordseite wird eine neue Sakristei erbaut. Die alte Sakristei wird später eine Pfarrbücherei.
1939 „Am 31. Januar gegen 4 h wurde die Helmspitze des Kirchturms von einem Flugzeug des hiesigen Flugplatzes angefahren. Das Turmkreuz mit der vergoldeten Kugel wurde seitwärts gedrückt“. So steht es in der Urkunde, die Pfarrer Anton Fischer am 11. Februar verfasste.
1946 Drei neue Glocken werden gegossen. Im 2. Weltkrieg wurden alle Glocken bis auf die Magnus-Glocke abgenommen.
1947 Die Wetterglocke kehrt ohne Beschädigung zurück.
1950 Dekan Fischer gründet einen Pfarrkindergarten in einem Raum des Pfarrhofs.
1954 Beim Kirchweihfest feiert die Pfarrgemeinde das 200-jährige Bestehen der Kirche in der jetzigen Gestalt. An der Jubiläumsfeier kann Pfarrer Boner Weihbischof Dr. Zimmermann begrüßen.
1957 Die Firma Zellhuber in Altstädten baut eine neue Orgel mit 23 Registern, die am 9. Juni eingeweiht wird.
1962 Unter Pfarrer Hörmann entsteht der Kindergarten St. Theresia, der letztendlich 80 Kinder aufnehmen sollte.
1967 Infolge der Kirchturmrenovierung wird die aus Naturschiefer bestehende Kirchturmspitze durch ein Kupferdach ersetzt.
1978 Nachdem sich das Deckengewölbe um ca. 20 cm gesenkt hatte, wird eine umfassende Renovierung des gesamten Innenraums notwendig.
1981 Pfarrer Hörmann begrüßt Weihbischof Müller beim Besuch der in neuem Glanze erstandenen Pfarrkirche.
1997 Die grundlegende Altarraumgestaltung unter Pfarrer Anton G. Simon deckt interessante archäologische Funde auf, die eine nahezu 800-jährige Kirchentradition in Durach belegen.
1998 Bischof Dammertz weiht am 1. Juni den neuen Volksaltar ein.
2002 Einweihung des Pfarrheims Heilig Geist nach einer kompletten Renovierung und Umgestaltung des bisherigen Pfarrhofs
2003 Errichtung der Pfarreiengemeinschaft Durach-Weidach-Bodelsberg
2004 Feier des 250-jährigen Kirchweihjubiläums
2020 Errichtung der Pfarreiengemeinschaft Durach-Sulzberg
Text und Bild: Günter Doriat und Helmut Karg